Wie relevant sind Fashion Shows?

Eine Frage, auf die es definitiv keine einfache Antwort gibt, denn die Dynamiken der Modewelt sowie der nationalen und internationalen Medienlandschaft sind groß. Um die heutige Relevanz, aber auch die Zukunftsfähigkeit des Tools der Fashion Show beurteilen zu können, hilft ein Blick in die Vergangenheit.

Bereits 1860 wurden die ersten Kollektionen in Paris präsentiert. Charles Worth, der als Vater der Haute Couture gilt, war auch der erste Designer, der auf Büsten verzichtete und für die Präsentation seiner Kollektionen echte Menschen bevorzugte. Diese Idee setzte sich international durch – Paul Poiret geht im nächsten Jahrhundert noch einen Schritt weiter und experimentierte mit ausgefallenen Locations und Choreografien. Bis zum zweiten Weltkrieg wurden Schauen in dieser Form von Coco Chanel oder Elsa Schiaparelli weitergeführt. Im Big Apple fand 1943 die erste Press Week statt, was heute als Fashion Week bekannt ist. Eleanor Lambert gründete 1943 die New York Fashion Week, sie war die Pressesprecherin des Dress Institute. Das Institut lud 150 Modejournalisten aus dem ganzen Land für eine Woche nach New York ein – 56 kamen. Mit der Implementierung der Fashion Weeks wird ein gewisser Rhythmus vorgegeben, wodurch die Schauen gebündelt werden und Journalisten, Einkäufer und Influencer bzw. Celebrities innerhalb einer Woche sämtliche Shows besuchen können.

In den 1950er Jahren folgte Mailand, 1973 Paris mit dem „Battle of Versailles“. In dem Wettbewerb zwischen fünf französischen Designern (Yves Saint-Laurent, Emanuel Ungaro, Christian Dior-Kreativdirektor Marc Bohan, Pierre Cardin, Hubert de Givenchy) und fünf amerikanischen Gastdesigner*innen (Bill Blass, Oscar de la Renta, Anne Klein, Halston, Stephen Burrows) übertrumpften sich die Talente und schließlich hatten die amerikanischen Gäste die Nase vorn. 1984 folgte dann London – erst 2007 bekam auch die deutsche Hauptstadt ihre Fashion Week. Die Quellen für diesen Absatz waren der Blog der AMD und Vogue.de.

Hier möchte ich die ikonischsten Fashion Shows aller Zeiten vorstellen, die bei mir besondere Begeisterung ausgelöst haben. Es handelt sich bei der folgenden Auflistung lediglich um meinen persönlichen Eindruck und hat daher keinen Anspruch auf objektive Kriterien. Die Reihenfolge unterliegt einer chronologischen Ordnung und wird immer wieder aktualisiert bzw. ergänzt.

Doch wie steht es um Fashion Shows heute?

Besonders durch die rasante Verbreitung des Internets wurden Mode, Trends und damit auch Shows zugänglicher für die breite Masse. Wo man früher noch Informationen von traditionellen Medien wie Fernsehsendungen, Magazinen oder Radio sehnsüchtig erwartete, herrscht nun der Anspruch Informationen idealerweise ohne zeitliche Verzögerung zu bekommen. So streamen großen Brands ihre Fashion Shows live auf kostenlosen Portalen wie YouTube oder Instagram. Eine knapp zeitverzögerte, aber dennoch sehr schnelle, Dokumentation der Geschehnisse bieten auch Influencer. So berichtete das Handelsblatt 2019, dass Influencer zu 49% zur Medienwirkung der Marken beitragen, während traditionelle Medien nur noch einen Anteil von 32% erreichen. Zu den großen Influencern gehören beispielsweise Chiara Ferragni, Leonie Hanne, Caro Daur und Chriselle Lim. Diesen Zahlen liegt eine Studie von Launchmetrics zugrunde. Die Datenanalyse-Plattform wertet dazu die Resonanz auf rund 400 Fashion Shows in London, Paris, Mailand und New York aus. Sie berücksichtigt dabei Online- und Printmedien sowie Aussagen von Influencern und Prominenten, so das Handelsblatt. Durch die Barrierefreiheit und die Geschwindigkeit des World Wide Web sowie die Influencer erleben Fashion Shows wieder einen Aufschwung oder kann man gar von einem Comeback sprechen?

Doch dann folgte eine aufwirbelnde Zeit – ausgelöst durch die Covid-19 Pandemie. Hier konnten keine großen Fashion Shows stattfinden, der Verlauf und die damit einhergehenden Bestimmungen waren zusätzlich sehr schwer hervorzusagen. In einem Talk mit Olivier Rousteing von Balmain, Natacha Ramsay-Levi von Chloé und Cedric Charbit von Balenciaga wurde der Frage von Vogue „Haben Fashion Shows eine Zukunft?“ nachgegangen. Zu Beginn der Diskussion differenzierte Charbit zwischen Gästen und Zuschauern. So werden lediglich rund 600 Gäste zu einer Show von Balenciaga eingeladen, addiert man jedoch die Zuschauer der Streams auf YouTube und Instagram sowie die Posts auf X (ehemals Twitter) mit den Wiederholungen der Streams so wird ein Publikum von circa 10 Millionen Zuschauern erreicht. Ramsay-Levi plädierte hier, dass sich zwar das größte Publikum online befinde, jedoch seien die Shows besondere Events bei dem Inspirationen und Gespräche ins Rollen kommen.

„Es gibt da eine menschliche Dimension, die ich unbedingt beibehalten möchte“

Natacha Ramsay-Levi von Chloé

Es wurde daraufhin die Brücke zur Musikbranche geschlagen: Live-Events wie Konzerte und Festivals sind genauso wichtig wie digitale Abrufbarkeit der Musik. Hier wurde prophezeit, dass die Branche erst am Anfang stehe was die Vereinigung von Technologie und Mode angeht. Abschließend kann man von einer optimistischen Grundstimmung sprechen, wobei jedoch klar wird, dass man die Dynamiken der Branche im Augen behalten und die Offenheit für neue Formate pflegen muss.

Zusätzlich erklärt The Business of Fashion im „The State of Fashion“ 2023, dass ein erheblicher Teil der Luxusausgaben im Nahen Osten während der Pandemie darauf zurückgeführt werden, dass die Luxuskonsumenten nicht nach Europa reisen konnten. Nach der Pandemie werden circa 60% der Luxus Ausgaben im Inland getätigt. Neben den Eröffnungen neuer Geschäfte, finden Luxusmarken auch andere Wege, um sich auf den Märkten im Nahen Osten zu etablieren: Beispiele sind Fashion Shows vor Ort und die Schaffung lokaler Inhalte durch die Zusammenarbeit mit Künstlern aus dem Nahen Osten für Kollektionen und Fotoshootings in der Region. Um Märkte zu erschließen und den Umsatz in einer bestimmten Region zu erhöhen, scheint das Medium wohl unerlässlich zu sein.

Ich denke, dass Fashion Shows als Events – als Zugang zur Marke – ein essentielles Mittel sind, um Emotionen hervorzurufen. Außerdem spielen virale Momente auf Social Media eine wichtig Rolle. Das wohl jüngste Beispiel aus dem Jahr 2022 ist die Pariser Modemarke Coperni: Sie verwendeten eine sprühbare, flüssige Faser, um bei ihrer Frühjahr/Sommer-Show auf der Paris Fashion Week ein Kleid auf das Model Bella Hadid zu sprühen. WWD berichtet über eine Studie von Launchmetrics laut der der Medienwirkungswert auf 26,3 Millionen US-Dollar geschätzt wird, davon 20,9 Millionen US-Dollar in den sozialen Medien erreicht wurde. Die Grundlagen zur Berechnung des Wertes sind Online-Posts, Interaktionen und Artikel. Den viralen Moment gibt es auf dem Instagram Profil des Models zu finden.

Dieses letzte Beispiel zeigt, dass Fashion Shows durchaus relevant sind – aus wirtschaftlicher und emotionaler Sicht. Da ich selbst bereits Shows in Berlin, Paris, Mailand und Amsterdam erleben durfte, kann ich diesem Argument nur noch mehr Nachdruck verleihen. Ich wage es zu behaupten, dass die Bedeutung des Unterhaltungswertes der Shows gestiegen ist, da das Publikum immer inklusiver wird und sich dadurch der Anspruch ein Expertenevent zu sein, gewandelt hat zu einem Massenevent. Die Zuschauerzahlen der Streams sowie die nachfolgenden Klicks zeugen von einem gelungenen Wandel. Ich bin gespannt was die Zukunft bringen mag!

Update Dezember 2023:

Am Ende des Jahres wurden von Vogue Business die führenden Fashion Shows, gemessen am Earned Media Value, veröffentlicht. Allgemein zusammengefasst ist der Earned Media Value der Umsatz, der durch Websites Dritter, soziale Medien oder herkömmliche Medien generierten Aufmerksamkeit, entstanden ist. Die Top-Shows sind im folgenden Post enthalten.

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