Die Royal Academy of Fine Arts in Antwerpen zählt zu den traditionsreichsten und zugleich innovativsten Kunsthochschulen Europas. Seit ihrer Gründung im Jahr 1663 ist sie ein Ort für kreative Spitzenleistungen – insbesondere im Bereich Modedesign. Das eigenständige Fashion Department, das seit den 1960er Jahren besteht, hat international Kultstatus erreicht. Namen wie Dries Van Noten, Ann Demeulemeester, Walter Van Beirendonck oder Martin Margiela – Ikonen der Antwerp Six – haben hier ihre Wurzeln. Heute führt Brandon Wen als künstlerischer Direktor das Department mit frischem Geist und einem klaren Blick auf die Herausforderungen der Gegenwart. Sein Ansatz verbindet künstlerische Freiheit mit gesellschaftlichem Bewusstsein und der ungebrochenen Leidenschaft für Mode als Ausdrucksmittel.
Das Ausbildungsprogramm gliedert sich in ein vierjähriges Bachelorstudium und ein daran anschließendes Masterprogramm. Im Bachelor stehen kreative und technische Grundlagen im Mittelpunkt: Von Modellentwurf, Grafik, Drapieren, Schnitttechnik bis hin zu Mode- und Kunstgeschichte, Philosophie und Psychologie wird ein ganzheitlicher Blick auf das Feld der Mode vermittelt. Im Master entwickeln die Studierenden eigenständige Kollektionen – mit viel Raum für künstlerische Tiefe, konzeptionelles Denken und neue Formen der Präsentation.
Wie lebendig, mutig und vielfältig diese Ausbildung ist, zeigt sich jedes Jahr bei einem der wichtigsten Modeereignisse Europas: der Show des Antwerp Fashion Departments. In diesem Jahr war ich am 6. Juni vor Ort eingeladen, um genau diese Kreativität live mitzuerleben – ein Abend, den ich so schnell nicht vergessen werde. Doch bevor ich von den Highlights dieser beeindruckenden Veranstaltung berichte, lohnt sich noch ein genauerer Blick auf das, was diese Modeschule so besonders macht.
Der Ablauf
SHOW → 6. + 7. Juni 2025
→ Location: Waagnatie, Rijnkaai 150, Antwerpen
- 18:00 Uhr → Einlass + Bar & Food Trucks
- 18:30 Uhr → Akkreditierung am Presseschalter
- 19:30 Uhr → Beginn der SHOW 2025
- 19:30 Uhr → 1. Bachelorjahr: Rock / Kleid / Jacke + 2. Bachelorjahr: Historische Kostüme & Kollektionen
- 20:30 Uhr → PAUSE 1
- 21:15 Uhr → 3. Bachelorjahr: World Costumes & Kollektionen
- 22:00 Uhr → PAUSE 2
- 22:45 Uhr → Master-Kollektionen
Nachdem ich in diesem Jahr bereits die Abschlussmodenschauen in Berlin und Amsterdam erleben durfte, war ich besonders gespannt darauf, wie sich Antwerpen im Vergleich zeigen würde. Die Erwartungen waren hoch – schließlich genießt die Royal Academy of Fine Arts einen legendären Ruf für kreative Innovation und handwerkliche Exzellenz. Und ich wurde nicht enttäuscht. Der Abend war geprägt von starken Visionen, technischer Raffinesse und berührendem Storytelling. Hier kommen meine persönlichen Highlights der SHOW 2025 in Antwerpen.
Präsentation der Historischen Kostümen
Die Studierenden des zweiten Jahres präsentierten Looks, die vergangenen Epochen nachempfunden waren – insbesondere der Zeit vor dem 20. Jahrhundert. Mit großer Sorgfalt und beeindruckender Detailgenauigkeit gefertigt, überzeugten die Kostüme nicht nur handwerklich. Vor allem die Inszenierung sorgte für Gänsehaut: Was zunächst wie eine klassische Laufstegpräsentation begann, entwickelte sich innerhalb kürzester Zeit zu einer tänzerischen Performance, die den historischen Gewändern neues Leben einhauchte. Eine ausführliche Beschreibung würde diesem Moment kaum gerecht – daher: seht selbst!

Royal Academy of Fine Arts

Royal Academy of Fine Arts

Royal Academy of Fine Arts
Royal Academy of Fine Arts
Mein Lieblingslook
An diesem Abend wurden ebenfalls Arbeiten der Studierenden aus dem ersten, zweiten und dritten Jahr gezeigt. So auch von Tristan Stieners, der von ASMR-Restaurationsvideos des V&A Museums inspiriert wurde. Die feinen Geräusche und die sichtbare Zerbrechlichkeit archivierter Kleidungsstücke führten ihn zum zentralen Thema: Fragilität.
Diese übertrug er auf das Konzept von Männlichkeit, das häufig mit Stärke assoziiert wird. Stiener hinterfragt diese Vorstellung, indem er maskuline Silhouetten mit sanften Farben, zarten Stoffen und Verpackungselementen kombiniert.
Der Closing Look bringt diesen Kontrast besonders stark zum Ausdruck: Ein filigranes Oberteil und ein dünnes Hemd treffen auf eine weite Hose und schwere Boots – ein Bild von Zartheit in der Stärke.

Graduierte Fashion-Master 2025
Ein besonderes Augenmerk lag auf den Absolventinnen des Masterprogramms. Hier wurde deutlich, wie viel ausgereifter, reflektierter und konzeptionell durchdachter die Arbeiten der jungen Designerinnen waren. Insgesamt wurden 14 Masterkollektionen präsentiert – und durch die Vergabe von 21 Preisen war die Bedeutung dieser Veranstaltung deutlich spürbar.
Zudem sind bei der Show regelmäßig Vertreter*innen großer Modehäuser anwesend, um neue Talente der Branche zu entdecken – und im Idealfall gleich für sich zu gewinnen.
Für die Bewertung der Kollektionen wurde eine externe Fachjury zusammengestellt. Sie bestand aus folgenden Persönlichkeiten:
| Pauline Dujancourt | Founder & Creative Director |
| Stefano Gallici | Creative Director, Ann Demeulemeester |
| Herbert Hofman | VP Creative & Buying, Highsnobiety |
| Mark Holgate | Fashion News Director, American Vogue |
| Olya Kuryshchuk | Founder & Editor in Chief, 1Granary |
| Hetty Wahlich | Editor, SHOWstudio |
| Stefano Martinetto | CEO Tomorrow Group |
| James Nolan | Senior Womenswear Designer, Givenchy |
| Mathias Orel | Founder, m-O Conseil |
| Bianca Saunders | Founder & Creative Director |
| Rina Tollio | Head of Creative Talent Acquisition, OTB |
Kommen wir nun zu den drei Kollektionen, die meiner Meinung nach besondere Aufmerksamkeit verdienen. Bitte beachtet, dass es sich hierbei um meine ganz persönliche Auswahl handelt und mein individueller Geschmack im Vordergrund steht.
- Paula Van Dijck mit ihrer Kollektion „Black Mascara“



Paula Van Dijck widmet sich in ihrer Masterkollektion dem Thema Oberflächlichkeit als Schutzmechanismus. Ausgehend von einer persönlichen Erfahrung zeigt sie, wie äußere Schönheit, künstliche Erscheinung und Inszenierung emotionale Verletzlichkeit verbergen können. Materialien wie Leder, Fransen und Spikes stehen für Eleganz und Verteidigung zugleich. Perücken betonen das Spiel mit Identität und Wandel. Die Kollektion bewegt sich zwischen Stärke und Zerbrechlichkeit, zwischen Kontrolle und Offenbarung.
- Chloë Reners mit ihrer Kollektion „Dot Dot Dot“



Chloë Reners untersucht in ihrer Kollektion die Darstellung von Frauen im Surrealismus – oft verzerrt, fragmentiert oder idealisiert. Inspiriert von George Underwoods Bildern und ihrer surrealen Ästhetik übertrug sie das Motiv der Verschiebung auf ein Brillendesign in Zusammenarbeit mit KOMONO. Das Ergebnis: ein Sonnenbrillenmodell, das horizontal geteilt und versetzt wurde, um die Wahrnehmung herauszufordern. Ihre Arbeit bewegt sich zwischen Realität und Vorstellung – und reflektiert gesellschaftliche Schönheitsideale auf subtile Weise.
- Annaëlle Reudink mit Ihrer Kollektion „Too Many Me’s, Not Enough Hangers, Professionally Undecided (working title) or Who Am I Wearing?“



Annaëlle Reudink nähert sich in ihrer Abschlusskollektion der Frage nach der Zukunft mit einer bewussten Offenheit: Sie will alles sein – und nichts festlegen. Inspiriert von Künstlern wie Rinus Van de Velde, Cindy Sherman und Leigh Bowery erschafft sie Kleidung als Ausdruck verschiedenster möglicher Identitäten. Jede Silhouette steht für ein anderes Leben, das sie sich vorgestellt hat – von der Großmutter bis zur Tänzerin. Die Kollektion ist ein persönliches Traumtagebuch, ein Spiel mit Rollen, Zeiten und Möglichkeiten.
Glückwunsch an die beiden Gewinnerinnen!
Ich freue mich sehr, Chloë Reners und Annaëlle Reudnik zu ihrer Auszeichnung zu gratulieren – sie haben die Teilnahme an der Responsible Fashion Management Summer School der Universität Antwerpen gewonnen. Ihre kreativen und zukunftsorientierten Konzepte überzeugten die Jury und zeigen bereits jetzt ein starkes Gespür für soziale und ökologische Verantwortung in der Mode. Alle Infos zur Summer School findet ihr hier.

v.l.n.r. Chloë Reners und Annaëlle Reudnik
Welche Kollektion bzw. welcher Look gefällt euch am besten?
Zum Schluss möchte ich mich herzlich bei der Royal Academy of Fine Arts Antwerp bedanken, dass ich Teil dieses besonderen Abends sein durfte. Die Leidenschaft, Kreativität und Tiefe, die in jeder einzelnen Kollektion spürbar waren, haben mich nachhaltig beeindruckt. Mein besonderer Dank gilt außerdem Prof. Annick Schramme für ihre wertvolle Unterstützung bei der Akkreditierung – ohne sie wäre dieser inspirierende Einblick in die Zukunft der Mode nicht möglich gewesen.
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English Version
Inside the Antwerp Fashion Show 2025
The Royal Academy of Fine Arts in Antwerp is one of the oldest and most respected art institutions in Europe, yet it remains one of the most forward-thinking – especially when it comes to fashion. Founded in 1663, the Academy has long been a creative hub, and since the 1960s, its Fashion Department has earned a legendary reputation. Some of the most influential designers in contemporary fashion – like Dries Van Noten, Ann Demeulemeester, Walter Van Beirendonck, and Martin Margiela – read more about the myth of the Antwerp Six. Today, under the artistic direction of Brandon Wen, the department continues to push boundaries. Wen brings a bold and hopeful energy, encouraging students to explore fashion not just as clothing, but as a statement, a question, and a vision for the future.
The curriculum is as rigorous as it is inspiring. The four-year bachelor’s program combines design, illustration, pattern-making, and draping with deep theoretical study in fashion history, philosophy, sociology, and psychology. The master’s program challenges students to create individual collections – unique in concept and powerful in presentation – supported by the Academy’s emphasis on experimentation, identity, and craftsmanship.
Each year, this energy culminates in one of the most anticipated fashion events in Europe: the Show, presented by the Fashion Department of the Royal Academy. On June 6, I had the chance to attend this year’s edition – and it was nothing short of extraordinary. Before I dive into the highlights of that night, I want to take you deeper into what makes this place – and its vision for fashion – so exceptional.
Schedule
SHOW → 6 + 7 JUNE 2025
→ Location: Waagnatie, Rijnkaai 150, Antwerp
- 18:00 → Doors + Bar & Food Trucks
- 18:30 → Accreditation at Press Desk
- 19:30 → Start SHOW 2025
- 19:30 → 1Ba: Skirt / Dress / Jacket + 2Ba: Historical Costumes & Collections
- 20:30 → BREAK 1
- 21:15 → 3Ba: World Costumes & Collections
- 22:00 → BREAK 2
- 22:45 → Master Collections
After having the chance to attend graduate fashion shows in both Berlin and Amsterdam, I was especially curious to see how Antwerp would compare. With its long-standing reputation for innovation and artistry, expectations were high – and they were more than met. What followed was an evening full of bold visions, technical brilliance, and emotional storytelling. Here are some of the highlights from the SHOW 2025 at the Royal Academy of Fine Arts Antwerp.
Presentation of Historical Costumes
The second-year students presented looks inspired by past eras – particularly those before the 20th century. Crafted with exceptional care and attention to detail, the costumes were already impressive in their own right. But it was the staging that truly gave goosebumps: what began as a traditional runway presentation quickly transformed into a dance performance that brought the garments to life. Words can hardly do the moment justice – so see for yourself!

Royal Academy of Fine Arts

Royal Academy of Fine Arts

Royal Academy of Fine Arts
Royal Academy of Fine Arts
My favorite look
That evening also featured work by first-, second-, and third-year students — including Tristan Stieners, who drew inspiration from ASMR restoration videos by the V&A Museum. The delicate sounds and visible fragility of archived garments led him to his central theme: fragility.
He translated this into a reflection on masculinity, a concept often associated with strength. Stieners challenges this notion by combining traditionally masculine silhouettes with soft colors, delicate fabrics, and packaging elements.
The closing look captured this contrast particularly powerfully: a fragile top and sheer shirt were paired with wide-legged trousers and heavy boots — an image of gentleness within strength.

Graduating Fashion Masters 2025
Special attention was given to the graduating Master students. It became immediately clear that their work was more refined, thoughtful, and conceptually mature. In total, 14 Master collections were presented, and the awarding of 21 prizes underlined the significance of the event.
It is also said that representatives of major fashion houses regularly attend the SHOW, scouting for emerging talent – and ideally, to recruit them directly.
An external jury was assembled to evaluate the collections. The panel consisted of the following individuals:
| Pauline Dujancourt | Founder & Creative Director |
| Stefano Gallici | Creative Director, Ann Demeulemeester |
| Herbert Hofman | VP Creative & Buying, Highsnobiety |
| Mark Holgate | Fashion News Director, American Vogue |
| Olya Kuryshchuk | Founder & Editor in Chief, 1Granary |
| Hetty Wahlich | Editor, SHOWstudio |
| Stefano Martinetto | CEO Tomorrow Group |
| James Nolan | Senior Womenswear Designer, Givenchy |
| Mathias Orel | Founder, m-O Conseil |
| Bianca Saunders | Founder & Creative Director |
| Rina Tollio | Head of Creative Talent Acquisition, OTB |
Let’s now turn to the three collections that, in my opinion, deserved the most attention. Please keep in mind that this reflects my personal taste and perspective.
- Paula Van Dijck with her collection “Black Mascara”



Paula Van Dijck’s master’s collection explores superficiality as a coping mechanism. Drawing from personal experience, she examines how beauty and external presentation can act as emotional armor. Using materials like leather, fringes, and spikes, her designs blend elegance with defense. Wigs reinforce the theme of transformation and identity play. The collection reflects a balance between vulnerability and strength, control and exposure.
- Chloë Reners with her collection “Dot Dot Dot”



Chloë Reners’ collection explores the surrealist representation of women—often distorted, idealized, or fragmented. Inspired by the paintings of George Underwood, she translated visual disconnection into a collaborative sunglasses design with KOMONO. The glasses are cut and shifted to disrupt symmetry, challenging perception. Her work questions how society constructs images of femininity and moves between reality and imagination.
- Annaëlle Reudink with her collektion „Too Many Me’s, Not Enough Hangers, Professionally Undecided (working title) or Who Am I Wearing?“



Annaëlle Reudink’s final collection responds to the dreaded question “What’s your plan for the future?” with freedom and imagination. Inspired by artists like Rinus Van de Velde, Cindy Sherman, and Leigh Bowery, she uses fashion to embody multiple selves—each silhouette representing a life she might have lived. From a grandmother to a ballerina, her collection becomes a dream diary, celebrating transformation, possibility, and the refusal to be just one thing.
Congratulations to the two winners!
I’m delighted to congratulate Chloë Reners and Annaëlle Reudnik, who have been selected to take part in the Responsible Fashion Management Summer School at the University of Antwerp. Their creative and forward-thinking concepts impressed the jury and already reflect a strong sense of social and environmental responsibility in fashion. You can find all the details about the Summer School here.

from left to right: Chloë Reners and Annaëlle Reudnik
Which collection or look did you like best?
To wrap things up, I’d like to sincerely thank the Royal Academy of Fine Arts Antwerp for allowing me to be part of such a special evening. The passion, creativity, and depth present in each and every collection left a lasting impression on me. A very special thank you also goes to Prof. Annick Schramme for her invaluable support with the accreditation — without her, this inspiring glimpse every collection left a lasting impression on me. A very special thank you also goes to Prof. Annick Schramme for her invaluable support with the accreditation — without her, this inspiring glimpse into the future of fashion would not have been possible.
